Bericht aus dem Nepal Orthopedic Hospital Kathmandu bei dem schweren Erdbeben in Nepal Am Samstag 25. April 2015 mittags war das schwere Erdbeben in Nepal von 7.8 Stärke mit dem Epizentrum westlich von Kathmandu. Im Kathmandutal leben bis zu 3 Millionen Einwohner in verschiedenen Städten, welche teilweise bis zu 60% zerstört wurden. Bis zu 250 Verletzte suchten am Nachmittag ärztliche Hilfe im Spital, es herrschten chaotische Zustände, die bereits hospitalisierten Patienten mussten ins Erdgeschoss oder in den Garten evakuiert werden. Das ganze Personal wurde aufgeboten, man versuchte möglichst effizient die Verletzten zu versorgen, alles im Freien. Am Sonntag 26. April ereignete sich ein Nachbeben von 6.9 Stärke, es brach Panik aus. Der Vorplatz des Spitals war überfüllt mit Patienten und ihren Angehörigen, die Polizei wurde für Ordnung geholt, das Tor wurde geschlossen, die Verletzten durften nur noch von einer Person begleitet werden. Es wurde beschlossen, das Spital mit mehr als 100 Betten zu evakuieren und im Garten ein Feldspital zu errichten. Nach langem Suchen wurde ein Zelt von Unicef geliefert. Allmählich wurden Verbandmaterial, Medikamente, Gipsmaterial und Nahrungsmittel knapp, sämtliche Läden waren geschlossen. Es wurde eine Kantine für die Patienten und das Personal eingerichtet, da diese fast rund um die Uhr arbeiteten. Einige Stunden später kam noch ein weiteres Zelt von der Armee, es begann zu regnen. Anfänglich wurden bei den Verletzten noch Röntgenaufnahmen gemacht, später nur noch bei Verdacht auf Knochenbrüche Gipsschienen angelegt und Wunden versorgt. Am 27.April hatte sich die Situation leicht beruhigt, für den folgenden Tag wurden die ersten Operationen geplant. Alle Patienten wurden kostenlos behandelt, und ihnen auch Nahrungsmittel verteilt. Mehr als 60 Patienten warten auf eine Operation, in den folgenden Tagen dürften noch mehr Patienten kommen, da auch die anderen Spitälern im Kathmandutal hoffnungslos überfüllt sind. Die zerstörten Gebiete betrifft fast ausschliesslich die ärmeren Gebiete im Kathmandutal, diese Patienten können sich kaum eine gute medizinische Versorgung leisten. Das Nepal Orthopedic Hospital ist ein privates Spital im dem Ziel, gute medizinische Versorgung (Orthopädie und Unfallchirurgie) auch der armen Bevölkerung zu bieten. Dafür war das Spital anfänglich auf ausländische Hilfe angewiesen, mittlerweile können die Einnahmen durch Privatpatienten die laufenden Unkosten decken. Gegen 50% der Patienten können keinen oder nur einen symbolischen Beitrag leisten. Durch die jetzige kostenlose Behandlung ist das Spital überfordert, es braucht dringend finanzielle Unterstützung, um diese Behandlungen durchzuführen. Ich kenne dieses Spital durch die Zusammenarbeit für die Medical Camps, ich kann dafür einstehen, dass die gesamte finanzielle Hilfe den armen Patienten zu Gute kommt, und nicht durch bürokratische „Mechanismen“ verschwindet. St .Moritz, 27. April 2015 Dr. Katrin Hagen, Präsidentin med-solutions foundation Bank: Graubündner Kantonalbank St.Moritz IBAN CH18 0077 4010 0614 5230 0 Erneute schwere Erdbeben in Nepal am 12. Mai 2015 Verschiedenes Operationsmaterial erreichte am 11.Mai Kathmandu, ein neuer Operationstisch und ein weiteres Narkosegerät wurden eingerichtet sowie 14 Operationen für den 12. Mai geplant. 4 Operationen waren bereits durchgeführt, als ein erneutes Erdbeben von der Stärke 7,3 das Kathmandutal erschütterte. Diesmal war das Epizentrum mehr im Osten, in einem bereits stark beschädigten Gebiet. Das Spital mit allen Patienten wurde fluchtartig evakuiert. Glücklicherweise war nur eine Operation begonnen, und zwar erst der Hautschnitt, die Wunde wurde in Eile zugenäht, anschliessend verliessen alle das Spital. Ein bereits abgebrochenes Zelt wurde wieder aufgebaut, trotzdem herrschte unter den Patienten grosse Panik. Total wurden 146 hospitalisierte Patienten evakuiert. Innert kürzester Zeit kamen mehr als 50 neu verletzte Patienten, es wurde erste Hilfe geleistet, das Röntgen konnte jedoch nicht benutzt werden. Es dauerte 8 Stunden, bis alle Patienten unter einem Zeltdach versorgt waren und Nahrung erhielten. Innert 3 Stunden fanden 9Nachbeben statt, viele bereits beschädigte Häuser im Kathmandutal stürzten ein, im Osten Nepal wurden offenbart auch viele weitere Dörfer zerstört. Weitere Erdbeben ereigneten sich während der Nacht, in allen Spitälern herrschten chaotische Zustände. Man beginnt wieder bei Punkt 0 wie beim ersten Erdbeben am 25.April. Ausser dem äussersten Westen ist nun fast das ganze Land betroffen, erschwerend dazu kommen die vielen Erdrutsche, Schlamm – und Steinlawinen und das Einsetzten des Monsuns, was es unmöglich macht, die abgelegenen Gebiete mit dem Helikopter zu erreichen. St.Moritz, 13.5.2015 Dr. Katrin Hagen Bericht Nepal vom 15. Juli 2015 Die Situation im Kathmandutal hat sich etwas beruhigt, es wohnen jedoch noch viele Leute in den Zelten, ein rascher Wiederaufbau der zerstörten Häuser ist nur in Ausnahmefällen in Sicht. Der Monsun mit heftigsten Regenfällen hat im Juni eingesetzt. Dies führt zT zu katastrophalen Verhältnissen in den abgelegenen Bergtälern. Die durch das Erdbeben entstandenen instabilen Hänge rutschen damit weiter, es werden immer wieder neue Dörfer verschüttet. Strassen und auch Wege sind unpassierbar, sodass viele Dörfer von der Umwelt abgeschnitten sind. Wegen des schlechten Wetters können sehr oft Helikopterflüge mit Nahrungsmittel nicht durchgeführt werden. Auch die Situation im Nepal Orthopedic Hospital hat sich weitgehend normalisiert. Es kommen nur noch vereinzelt frische Erdbebenverletzte, bei vielen Patienten müssen die Trümmerfrakturen nun definitiv operativ versorgt werden. Das Rehabilitationsteam von Médecines sans Frontière bleibt noch bis ende Juli, die restlichen 20 Patienten können dann im Spital integriert werden. Auch ihre Arbeit war schwierig, die Zelte mussten gezügelt werden, da nach einem heftigen Regenfall die Betten im Wasser standen. Während meines Aufenthaltes in Kathmandu besuchten wir drei Dörfer ausserhalb der grossen Städten, wo viele Häuser zerstört waren. Ein Team vom NOH hat Sprechstunde durchgeführt, zudem wurde den Leuten, deren Häuser zerstört waren Seifen, Waschpulver und andere Artikel für die Hygiene verteilt. Ein grosses Problem bereitete dem Spital die Wasseraufbereitungsanlage. Das Grundwasser ist stark verunreinigt, die Anlage wurde beim Erdbeben starkbeschädigt. Die von Japanern bereitgestellte Anlage war zu klein, Abklärung für eine genügend grosse Anlage ist im Gange, allenfalls wird sich unsere Stiftung an den Kosten beteiligen. Geplant sind nach Ende der Regenzeit ab September monatliche Medical Camps im Erdbebengebiet, einige Fahrstunden von Kathmandu entfernt. Im August werden verschieden Standorte eruiert, insbesondere der Zustand der Spitäler, aber auch die Zugänglichkeit für Patienten. Voraussichtlich werde ich wieder im November an einem Medical Camp teilnehmen. Das Ausmass der Katastrophe auf die ganze Infrastruktur und Wirtschaft kann noch nicht beurteilt werden. In den nächsten Monaten dürfte der Tourismus, die wichtigste Einnahmequelle für Devisen und mit vielen Arbeitsplätzen ausbleiben. Viele beliebte Trekkinggebiete sind zudem unzugänglich und deren Infrastruktur zerstört. Die unter UNESCO Weltkulturerbe stehenden Kulturdenkmäler sind beschädigt oder ganz zerstört, und für Touristen nur beschränkt zugänglich. Die Renovation und der Wiederaufbau dürfte Jahre dauern. Am meisten leidet die arme und untere Mittelschicht der Bevölkerung, ihre Häuser sind zerstört, ebenfalls ihre Läden und Kleinbetriebe. Zur Behandlung dieser Patienten ist das Spital weiterhin auf finanzielle Hilfe angewiesen, viele wurden zwar nicht beim Erdbeben verletzt, sie leiden aber unter den Folgen der Erdbeben. Ich bin sehr beeindruckt wie viele Nepali auf privater Basis ohne den Staat zu involvieren den Leidenden helfen. Die Solidarität in der Bevölkerung ist sehr gross, am Anfang spielte auch das Kastenwesen keine Rolle. Nepal, eines der ärmsten Länder der Welt wird noch einige Jahre auf unsere Hilfe angewiesen sein. Dr. Katrin Hagen St.Moritz, 15.7.2015 |